Der richtige Ort am richtigen Platz
Wenn Sie einen Standort oder eine Immobilie für Ihr Unternehmen suchen, werden Sie allererst die drei wichtigsten Kriterien hören: Lage, Lage, Lage. Dieser Ausspruch gehört wohl zu den ältesten und einfachsten Weisheiten der Immobilienbranche. Leicht gesagt, doch welche Kriterien bestimmen, was eine gute Lage ausmacht und ob die Lage gut für mein Geschäft ist? In diesem Blog möchte ich diese Kriterien diskutieren und einige neue Kriterien hinzufügen.
Die Urbanisierung zeigte in den vergangenen Jahren die Macht der St?dte, nun wurde aber auch ihre Vulnerabilit?t sichtbar. Orte lassen sich nicht von oben herab entwickeln. R?ume stehen leer, Gesch?fte werden aufgegeben, es m?ssen neue Wege beschritten werden. Gleicherma?en in D?rfern wie in Stadtteilen und St?dten. Das stellt auch die Standortfrage f?r Unternehmen neu.
Es gibt keinen Ort, der per se gut oder schlecht ist,
wir können ihn nur gut oder schlecht,
also für die falschen Zwecke nützen.
Die Lage
Die konventionelle Ebene ist in der Immobilienbranche gut durchdekliniert: Die Beschreibung der regionalen (Makrolage) und der lokalen Qualit?t (Mikrolage) des Standortes, die Qualit?t der Hardfacts (Infrastruktur, umwelt?bedingte Belastungen) und der Softfacts (Bewohner, Milieu, usw.) des Ortes ? spezifisch f?r die Art der Nutzung, f?r Produktion, Handel oder Dienstleistung.
Falscher Ort?
Und doch stellte ich immer wieder fest, dass viele gut entwickelte Projekte ohne ersichtlichen Grund scheiterten. Vordergr?ndig, denn immer wieder treffe ich auf ein gemeinsames Muster: es liegt am Ort! Der passt einfach nicht zu dem Projekt, denke ich mir immer wieder. An einem Wirkungs?spektrum, der zur Energie des Ortes unpassende Projekte einfach verhindert.
Beziehung herstellen
Es scheint so, dass es noch weitere Kriterien f?r die Standortwahl gibt, als eine gute Makro- und Mikrolage, als vorteilhafte Hard- und Softfacts. Alle genannten Kriterien beschreiben die Qualit?t der Lage. Aber keine Kriterien beschreiben die Beziehung zwischen Ort und Unternehmen. Ich denke, dass es genau darauf ankommt, auf die Resonanz zwischen den Beteiligten.
Resonanz feststellen
Es gibt einige universelle Prinzipien, die so logisch sind, dass wir sie immer wieder vergessen. Eines davon ist die Resonanz. Gemeinhin bezeichnet Resonanz (von lat. ?widerhallen, mitschwingen“) die Beziehung zwischen zwei schwingungsf?higen Systemen. Eines bringt das Andere dazu, in dessen Eigenfrequenz mitzuschwingen. In unserem Kontext k?nnte man sagen, sie ?passen zusammen?.
Atmosphäre spüren
Sie kennen das sicher auch. Sie kommen an einen Ort und bemerken, dass er auf eine nicht n?her zu beschreibende Weise etwas Anderes hat: eine besondere Atmosph?re, die nicht unbedingt mit der Sch?nheit des Ortes zusammenh?ngt. Aber Ihr Befinden und das ihrer Mit?arbeiter und Kunden h?ngt damit zusammen, sie gehen in Resonanz mit der Atmosph?re des Ortes.
Lebendigkeit aufgreifen
Wie die physische Atmosph?re die Erde umgibt, so ist auch jeder Ort von der jeweils eigenen Atmosph?re eingeh?llt. Alle Erkl?rungsversuche sind im Ursprung des Begriffes verborgen: das sich aus Atmosph?re, Gestalt und Wesen zusammensetzende Eigenleben des Ortes. Diese Lebendigkeit kann aufgenommen und in das unternehmerische Konzept einbezogen werden.
Mentales und Emotionales
Die Geschichte ist immer eingepr?gt in den Ort. Als „Ortspr?gung“ bezeichne ich die Spur der am Ort ver?u?erten und gespeicherten psychischen Energie und damit Tr?ger der bildhaften Ortserinnerung. Und als lokales „Ortsprinzip“ das dauerhaft am Ort wirkende Thema, welches aus der Geschichte des Ortes ablesebar ist. Hier erkennt man, was „funktioniert und was nicht“.
Potenzial des Ortes heben
Eine Liegenschaft liegt nicht alleine im Raum. Sie ist umgeben von einer Ortschaft, einem Quartier. Benachbarte Pl?tze sind nicht voneinander unabh?ngig, sondern holistischer Teil der jeweils gr??eren Einheit. Jede Liegenschaft beinhaltet damit eine versammelnde ?Potenz? einer Gegend als r?umlichen Verdichtungsvorgang. Projekthaftes Denken ohne Einbezug des Ensembles verzichtet auf diese Potentiale.
Holistischer Aufbau
Der holistische Bezug der Liegenschaft l?sst sich als Teil der Ortschaft noch in die Region- und Erdschaft weiterf?hren, weitend, abstahierend. In diesen holistischen Aufbau f?gt sich der gebaute Raum, das Geb?ude und der nichtgebaute Raum, das Unternehmen, verdichtend, konkretisierend. Das universelle Prinzip der Analogie wirkt hier durch alle r?umliche Schichten.
Der Geist des Ortes
Wenn man sich tiefer mit einer Ort besch?ftigt, kommt man an einem besonderen Punkt. Es scheint dem Ort ein besonderer ?Geist? inne zu wohnen, der wenn man so will, seelisch wirksam ist und diesen Ort ?ber den Zustand des reinen ?sthetischen hinaus und heraus hebt. In eine Form von ?rtlicher Pers?nlichkeit. Wir bezeichnen diese geistige Qualit?t Genius Loci.
Genius Loci
Die Wurzel des Wortes Genius leitet sich vom indogermanischen Wort ?gen-? ab = ?erzeugen?. Die Ableitung ?der/das jenige der/das erzeugt? bzw. ?der/das Zeugende? steckt auch in ?Generationen?. Der Genius Loci verk?rpert die Pers?nlichkeit des Ortes, verleiht ihm einen lebendigen Charakter und macht ihn einzigartig und anders als alle anderen Orte.
nullus locus sine genio / kein Ort ohne Geist
Maurus Servius Honoratus
Das Seelische des Ortes
Wo Geistiges ist, muss auch Seelisches sein. Im Kontext r?umlicher Bez?ge scheinen diese Begrifflich?keiten etwas weit hergeholt. Und doch brauchen wir nur uns selber zu beobachten, wenn wir einem Ort begegnen: Alles war uns geistig r?hrt, ist selber geistiger Natur. Und alles was uns seelisch r?hrt, ist seelischer Natur. Wir d?rfen uns also auf die Suche nach dem Seelischen von Orten machen!
Anima Loci
Es gibt auch eine Begrifflichkeit dazu: Anima Loci, die Seele des Ortes. Der Seele eines Ortes nachsp?ren ist vielschichtig, ein sich-selbst-verlieren abseits offensichtlicher Erfahrungsr?ume und gleichzeitig ein sich-selbst-begegnen in der Resonanz mit dem Numinosen. Es ist gerade dieses Seelische, das durch Geschichte und ?berbauung immer wieder durchscheint.
Verlust des räumlichen Gefühls
Nach einer oft st?rmischen Wiederaufbauzeit werden wir mehr und mehr mit einem Ph?nomen konfrontiert, das man den „Verlust eines r?umlichen Gef?hls“ nennen k?nnte. Die architektonische Vielfalt der Nachkriegszeit und das manchmal visuelle Chaos nahmen selten R?cksicht auf die ?rtlichen Eigenheiten, die den Orten der Vergangenheit ihre besondere Note verlieh.
Nährung oder Verlust
Meine Hypothese: arbeitet man gegen den Ortsgenius und gegen die Ortsanima, erlischt die Kraft des Ortes, weil sie keinen Ausdruck mehr findet. Arbeitete man mit dem Geistigen und Seelischen des Ortes, f?rdert man die ,Identit?t? und ,Authentizit?t? des Ortes und st?rkt die unterst?tzende Wirkung f?r den Erfolg des Unternehmens an diesem Ort.
Genienhafte Planung
Die Einsicht, dass Bauen die Identit?t eines Ortes weiterentwickeln, neu bestimmen oder auch zerst?ren kann, ist nicht neu. Das ortsbezogene Bauen ist jenseits der Architekturmoden angesiedelt. Es stellt eine immer schon mehr oder weniger selbstverst?ndliche Praxis der Architektur dar, der allerdings unter den heutigen Bedingungen eine besondere Bedeutung zukommt.
Sinn des Ortes
Es geht darum, den ?potentiellen Sinn? einer Umwelt aufzudecken. Genius Loci und Anima Loci aufzugreifen oder neu zu interpretieren hei?t deshalb gerade, das Wesen des Ortes in immer neuen historischen Kontexten zu konkretisieren … die Geschichte eines Ortes sollte seine ,Selbst?verwirklichung? sein.
Fazit
Ortsqualit?ten sind mit ausschlaggebend, ob ein Business von Erfolg gekr?nt ist, ob es zu Streit oder sogar zum Scheitern der Unternehmung kommt. Allen ?berlegungen ist eines gemein: R?ume und Orte verf?gen ?ber eine bestimmte Qualit?t, welche an die dort arbeitenden und konsumierenden Menschen ?bertragen wird. Nutzen wir sie, anstatt sie zu ignorieren.
BETRIEBSIMPULSE
Mag. Wolfgang Strasser
Unternehmensberater
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